Handelskammer, Gewerkschaften, Filz
Moorburg eingebettet im politischen Hamburg
Vattenfall kann sich in der Stadt auf eine starke Lobby stützen. Allen voran der mächtige Wirtschaftsenator Horch, der schon als Handelskammer – Präses die Projektierung nach Kräften unterstützt hat, bis hin zur Organisierung einer Pro-Moorburg – Demo.
Ebenfalls in der ersten Reihe der Pro – Moorburg –Lobbyisten zu finden: Die IG-Metall Hamburg. Schließlich vertreten die Betriebsräte Vattenfalls die größte (und gut zahlende) Mitgliedergruppe innerhalb der IG-Metall Hamburg.
Die ehemalige Vorsitzende des Gesamtbezirks Küste Jutta Blankau ist heute Umweltsenatorin.
Hinzu kommt auch die Festlegung des bisher weitgehend unumstritten regierenden 1. Bürgermeisters Scholz für die Inbetriebnahme Moorburgs, wie überhaupt Scholz aktiv den Schulterschluss mit den Energiekonzernen sucht.
Deutlichstes Beispiel aus jüngster Zeit ist dabei der sog. „Netzedeal“ (Gruppenfoto im Rathaus bei dessen Verkündung). Hierzu der Spiegel.
Auch die Grünen haben sich durch die von ihnen erteilte Genehmigung ebenfalls faktisch auf die UnterstützerInnenliste gesetzt.
Sie vermeiden seitdem lieber das Thema, welches ihnen ca. die Hälfte der Stammwählerschaft gekostet haben dürfte…schließlich war der Ausstieg aus Moorburg zentrales Wahlversprechen.
Und: Sogar bis hinein in Anti-AKW-Bündnisse wird Moorburg als faktisch gesetzt betrachtet und wegen dieses Themas kein Dissens mit für wichtig erachteten Bündnispartnern, wie der SPD und den Gewerkschaften riskiert.
Vattenfalls Hamburg – Achse: Handelskammer – IG Metall – Senat
Die entscheidende Stütze für Moorburg ist aber die Achse Handelskammer – IG-Metall – Senat. Auf die beiden erstgenannten hat Vattenfall unmittelbaren Zugriff und auf den Senat indirekt darüber.
Die Handelskammer ist dabei in Hamburg ohnehin die Institution, die für sich in Anspruch nimmt zu bestimmen, “was die Stadt braucht und was nicht”.
In aller Regel setzt sie sich damit auch durch – sei es in Stadtentwicklung, Sozialpolitik, erst Recht aber bei zentralen industriellen Projektierungen, sowie Hafenwirtschaft und Energiepolitik. Und beim internationalen Handel obliegt der Handelskammer ohnehin die alleinige Federführung.
In Hamburg teilen sich Rathaus und Handelskammer / Börse ein (Doppel -) Gebäude. Über Flure sind sie teilweise direkt miteinander verbunden. Viele sagen nicht ganz zu unrecht: Die einen reden (Regierung / Senat) und die anderen haben die Macht (Industrie- und Handelskammer).
Der parteillose ehemalige “Präses” der Handelskammer Horch ist nun deren direkter Vertreter im Senat. Er ist Wirtschaftssenator und gilt als mächtigster Senator – neben Bürgermeister Scholz.
Dieser hatte ihn schon vor der Wahl nominiert und sich so die Rückendeckung von der Handelskammer gesichert um den seinerzeit extrem abgewirtschafteten alten CDU – Senat abzulösen. Zu den direkten Vorbedingungen Horchs soll auch die 1:1 – Umsetzung von Moorburg gezählt haben.
In Sachen Moorburg ist auf Horch 100% Verlass. Schließlich hat sich keiner so eindeutig schon 2007 positioniert, wie er:
„Ohne das Kraftwerk gehen morgen zwar nicht die Lichter aus. Aber ohne Moorburg als grundlastfähiges Kraftwerk in Hamburg würde ein schleichender Prozess in Gang gesetzt. Die Auswirkungen würden wir erst merken, wenn unsere Enkelkinder uns fragen, wo denn die ganzen Arbeitsplätze geblieben sind.“
In das Gleiche Horn stößt leider auch die IG – Metall, welche über die Umweltsenatorin Blankau ebenfalls direkt im Senat vertreten ist. Dabei ist schon lange klar, dass Moorburg lediglich während der Bauphase wirklich Arbeit geschaffen hat und diese im Bereich von 80% durch Wanderarbeiter aus Osteuropa geleistet wurde bzw. wird. Der Betrieb des Kraftwerks selber läuft hingegen weitgehend automatisiert in einer Schichtstärke von 20 – 30 MitarbeiterInnen.
Der momentan expandierende Wirtschaftszweig für erneuerbare Energien schafft nachweislich deutlich mehr Arbeitsplätze.
Letztlich geht es auch gar nicht um die Sicherung von Arbeitsplätzen, sondern offensichtlich um die Sicherung von Funktionärspositionen innerhalb der IG – Metall
Hier haben die Betriebsratsvorsitzenden eindeutig die Prämisse, Vattenfall selber in der jetzigen Monopol-Stellung abzusichern. Dabei muss man wissen, dass die Strukturen Betriebsrat – Aufsichtsrat – Management bei Vattenfall ganz ähnlich verflochten sind, wie beispielsweise bei VW.
Die Betriebsräte Vattenfalls haben dann wiederum bei der IG – Metall Hamburg eine große Hausmacht, weil sie schließlich die größte Anzahl von organisierten Mitgliedern innerhalb eines Hamburger Betriebes vertreten. In Sachen Moorburg haben sie dabei auch die Unterstützung von Betriebsräten aus der extrem energieintensiven Industrie, wie beispielsweise der Kupferhütte, die obendrein ja eine eigene Kraftwerksscheibe von 10 % an Moorburg direkt besitzt.
Nach der Ausrichtung der IG – Metall Hamburg hat sich wiederum auch die Umweltsenatorin Blankau zu orientieren, selbst wenn der Gesamtbereich Küste, welchen sie zuvor geführt hat deutlich fortschrittlichere Positionen in Sachen Kohlekraft und Klima vertritt.
Hintergrund ist hier, das die Unterbezirke der IG-Metall Küste ansonsten eher schon deutlich mehr Mitglieder aus dem Ausbau der erneuerbaren Energien haben und sowieso die reine Kraftwerkssparte auch nur in Hamburg – als einziges Bundesland bei der IG – Metall angesiedelt wurde (nach dem Krieg von den Engländern nach heimischen Vorbild so eingerichtet).
Hier liegt dann auch das nächste Problem für die Betriebsräte. Im Falle einer Rekommunalisierung der zu Vattenfall gehörenden Strom- und Fernwärmenetze würden “alle ihre Schäfchen” aus dem arbeitsintensivem Netzebereich automatisch zu Verdi wechseln. Hierzu ein ganz informativer Artikel aus der TAZ.
Der Artikel läßt allerdings die auch stattgefundenen Überklebungen von Plakaten von “Unser Hamburg – Unser Netz” , welche offensichtlich von den Betriebsräten organisiert wurde außen vor. Auf denen war wiederum zu lesen “Unser Hamburg – unsere Arbeitsplätze” – siehe Foto
Dabei ist das Interesse der einfachen MitarbeiterInnen Vattenfalls ganz anders gelagert. Viele würden gerne wieder als “Städtische Mitarbeiter” arbeiten und haben – bis auf wenige - auch überhaupt kein Interesse an Moorburg selber. Ihnen geht es auch um “Arbeit mit in der Gesellschaft respektierten Sinn” (als MitarbeiterIn von Vattenfall hat man schlechte Chancen auch nur als ElternvertreterIn einer Schulklasse gewählt zu werden). Wie auch um ein Zurückdrängen des extremen Controllings, welches Vattenfall mit seinen MitarbeiterInnen durchführt.