Baumbesetzungen und Tag X

Baumbesetzungen und Tag X

Den Anfang machten AnwohnerInnen, die bereits Anfang Dezember 2009 den ersten Baum im altonaer Gählerpark besetzten. Am 18.12. wurden dann weitere 3 Bäume von Robin Wood – AktivistInnen besetzt und im Laufe des Januars etliche weitere.

So dass es dann auch nicht mehr “Baumbesetzungen” sondern dann treffender “Parkbesetzung” hieß. 


Am 18.12.  fand auch die sog. Parade des Recht auf Stadt
-Bündnisses statt. Diese ging unmittelbar mit über 7.000 TeilnehmerInnen direkt am frisch besetzten Park vorbei.
Dadurch konnten eine inhaltliche, wie ganz praktische  Verbindung hergestellt werden.

Wegen des Mitte Dezember stattgefundenen sog. Klimagipfels in Kopenhagen gab es obendrein einen für die Baumbesetzung günstigen “Globalrahmen”, der zusätzlich mobilisiert hat.

 

Zu den Baumbesetzungen hier ein Video mit englischen Untertiteln

Während der Parkbesetzung verbreiterte und radikalisierte sich das Bündnis erheblich. Eine eilig von Vattenfall angesetzte “Proforma Bürgerbeteiligung” wurde gesprengt. (video) Die Bäume, die gefällt werden sollten wurden “geschmückt”, mit großen Xen versehen und teilweise mit begehbaren Seilen verbunden. Trassenspaziergänge, Kundgebungen, Aktionen oder auch Aktionstrainings fanden nahezu täglich begleitend statt.

Die mediale Aufmerksamkeit wuchs dabei ständig und wurde durch genau darauf abgezielte Aktionen weiter verstärkt. Hohe Wellen schlug dabei u.a. auch eine gut gefakete angebliche Umplanung der Trassenführung durch den Nobelstadtteil Blankenese  – siehe Mopo oder auch indymedia dazu.

Ebenso über die Besetzung der sog. Alstertanne, oder auch über den “Besuch” mit mehreren Transparenten im Hamburger Rathaus wurde in den Medien ausführlich berichtet.

 

Als Reaktion auf den drohenden Baubeginn mit verbundener Parkräumung bereitete das Bündnis einen Tag X vor. Dieser schloss auch ausdrücklich Blockaden und Ankettaktionen mit ein, sowie hätte eine unmittelbare große Mobilisierung zum Gählerpark ausgelöst und für 18 Uhr eine Großdemo angesetzt.

 

 

In der dafür angelegten SMS – Alarmkette hatten sich über 1.500 Leute eingetragen. Für die dann auch anstehende Demo wurde selbst im Stadion mobilisiert. Überall in Hamburg hingen Plakate und lagen Flyer zum TagX aus.

Während bereits Polizeihubschrauber im Tiefflug das Gelände filmten  startete die ortsansässige, sowie solidarische Kirchengemeinde noch mal einen Dialogversuch. Doch auch dieser scheiterte, weil Vattenfall nicht, wie angekündigt mit dem verantwortlichen Generalbevollmächtigten auflief, sondern vielmehr seine hilflose Pressesprecherin in die mit 300 aufgebrachten AnwohnerInnen proppevoll gefüllte Kirche schickte.

 

Dort erklärten dann VertreterInnen von der Initiative, den BaumbesetzerInnen und auch dem BUND, dass man sich aktiv, notfalls mit lang andauerndem Widerstand und Protest widersetzen werde…hier Leitfaden der Iniposition an dem Abend
Die ebenfalls anwesende Revierwachenleitung vereinbarte daraufhin mit den AktivistInnen ein “Fehlalarm – Ausschluss – Kommunikationssystem”…das bloß nicht der Tag X “aus Versehen” ausgelöst wird.

 

Es waren Tage mit zum zerreißen angespannter Stimmung im Stadtteil: Die BaumbesetzerInnen mussten mit unmittelbarer Räumung rechnen, AnwohnerInnen in voller Familienklanstärke, aber auch selbst ein Bundestags -abgeordneter standen “stand by” um sich mit schwerem Gerät an die Bäume zu ketten.

Die BewohnerInnen der Hafenstraße (u.a. Foto hier) kündigten Widerstand an und Autonome Gruppen hatten brennende Barrikaden vorbereitet
…ebenso lagen Flyer für die dann erwarteten Polizeimassen bereits ausgedruckt bereit.

Niemand, auch nicht das engere Organisationskomitee hatte einen kompletten Überblick über alle geplanten Aktionen. Klar war jedoch, dass es bei Baubeginn inkl. Parkräumung und Baumfällungen zu auch für Hamburger Verhältnisse extrem massiven Protesten gekommen wäre.

Schließlich war Vattenfall bereit zumindest abzuwarten, bis das Oberverwaltungsgericht in 2. Instanz entscheidet, ob die vereinfachte Plangenehmigung überhaupt juristisch anfechtbar sei. Die erste Instanz hatte Vattenfall bereits gewonnen und allgemein wurde eingeschätzt, dass dies in der 2. Instanz bestätigt wird.

Doch es kam dann ja doch anders: Das Oberverwaltungsgericht gab am 24.2. unserer Klage statt. Einerseits ein erstaunlicher Vorgang, weil es höchst selten vorkommt, das ein hamburger Oberverwaltungsgericht ein Urteil eines Verwaltungsgerichtes revidiert. Andererseits aber auch erklärbar durch die absehbar heftige Eskalation, die nur durch dieses Urteil (zum Glück) vermieden werden konnte.

Es dauerte noch einige Tage, bis das dann alle AktivistInnen auch geglaubt haben. Schließlich wurde aber eine angemessen zünftige Feier im Park veranstaltet und danach alles dort wieder abgebaut, sowie die Baumplattformen bis auf weiteres eingelagert.

 

Im Nachhinein habe die Grünen, aber auch andere immer wieder versucht die Geschichte umzuschreiben bzw. zu entpolitisieren. Indem sie beispielsweise behaupten, dass Ganze sei einfach nur wegen der fortschrittlichen Rechtsauffassung des Oberlandesrichters geschehen und hätte mit den Protesten wenig, bis gar nichts zu tun gehabt.

Wir hingegen gehen davon aus, dass eben die Proteste einen direkten Einfluss auf die Entscheidung des Gerichts hatten. Und wäre die Entscheidung anders gefallen hätten wir mit dem Tag X einen kraftvollen Start in eine lang anhaltende Auseinandersetzung gehabt, mit guten Chancen den Konflikt immer weiter hoch zu schaukeln, bis Vattenfall und Senat dann eben später hätten einlenken müssen.

 

 

 

 

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