Auswirkungen auf Moorburg
Die Konsequenzen für Vattenfall durch den Wegfall der Fernwärme sind massiv:
Vorzugsproduktion fällt weg
Die unmittelbarste ist: Ohne die Wärmeproduktion verliert Moorburg den Rang der sog. „Vorzugsproduktion“. Der Meiler muss nun bei ausreichender Stromproduktion der Erneuerbaren genauso runter gefahren werden, wie andere Kohlekraftwerke auch…und das ist in vor allem in Norddeutschland zunehmend eher die Regel, als die Ausnahme.
Der Vorrang der Erneuerbaren, sowie von Kraftwärmekopplungsanlagen (KWK) ist im Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) eindeutig geregelt – siehe dort z.B. den §11
Hintergrund dabei ist auch der noch voraussichtlich viele Jahre dauernde Ausbau der Überlandtrassen. Das heißt: Moorburg ist von dieser Regelung deutlich härter betroffen, als beispielsweise ein Kohlekraftwerk im verbrauchsintensiven, aber windarmen Westen oder Süden von Deutschland.
Im ganz konkreten ist es so, dass dem Großverbraucher Kupferhütte eine sog. “Kraftwerksscheibe von 10% Anteil an Moorburg direkt gehören und dementsprechend 10% der eigentlichen Leistung zustehen. Weitere 10 % der Kraftwerksleistung gehen allein für die Pumpen und Anlagentechnik vor Ort drauf. Und wiederum weitere 10% werden benötigt, weil man den Kesselstahl nicht öfter unter 30% der Volllastleistung “abkühlen” darf.
Vattenfall kann wegen der entfallenen Vorzugsproduktion heute nur noch mit weit weniger als der Hälfte der eigentlich mal geplanten Produktionsmenge rechnen, was über die Jahrzehnte geplanter Betriebslaufzeit hinweg mehrere Milliarden € ausmacht. Ebenso der Wirkungsgrad / Effizienz werden dabei natürlich (noch viel weiter) ins negative verschoben.
Weitere Konsequenzen
Auch Vergünstigungen bei den Co2 – Zertifikaten fallen dann eigentlich zwangsläufig weg, wenn keine Wärme ausgekoppelt wird. Auch hier geht es um viele Millionen.
Ebenso konnte die so geplante direkte Abhängigkeit der Stadt vom Kohlekraftwerk dadurch verhindert werden. Moorburg könnte nun auch jederzeit wieder abgeschaltet werden, ohne, dass es in 180.000 Hamburger Wohnungen dann kalt würde.
Genauso futsch ist damit die alte von Vattenfall immer laut vor sich her getragene angebliche Kraftwerksberechtigung, die mit der Fernwärme begründet wurde und lautete: “Moorburg, ein Kraftwerk von und für Hamburg”. Hamburg bekommt von dort keine Wärme geliefert und den Strom werden 2014 ohnehin die erneuerbaren zu großen Teilen liefern.
Auch ist die ganz direkte (hoch lukrative) Einnahmequelle durch den Wärmeverkauf damit für Moorburg gestrichen – immerhin rund 140 Mio.€ im letzten Jahr für ganz Hamburg. Das jetzige Heizkraftwerk Wedel – eine uralte Kohlemöhre – muss in 4,5 Jahren in jedem Fall vom Netz und dann muss Vattenfall entweder erneut in Ersatz investieren beispielsweise in das nun geplante GuD…oder den Markt / das Monopol ganz oder teilweise aufgeben.
Ebenfalls erheblich fällt der Wegfall der Kraftwärmekopplungszuschläge zu Buche. Hier hätte Vattenfall gem. der gerade in Kraft getretenen Novelle für die ersten 30.000 Betriebsstunden (bei gleichzeitiger Wärmeproduktion) Vergütungen von ca. 2 ct. / KWh erhalten und obendrauf Vergünstigungen ausgerechnet bei den CO2 – Zertifikaten in den A…
Vergleichsweise gering, aber dennoch erwähnenswert sind die bisher schon direkt ausgegebenen Planungs- sowie Vorrichtungskosten für die Moorburgtrasse. Im Kraftwerk sind das die dazu gehörigen Verrohrungen und Teile der Anlagentechnik. Bei der Trassenbaustelle selber vor allem Planung, aber auch die im Freihafen schon verbuddelten Rohre, Sondierungen des Kampfmittelräumdienstes ect.pp. All together vermutlich auch mindestens 50 Mio.€….wenn nicht wesentlich mehr.
Die Vorteile für Hamburgs Energiezukunft sind u.a.
Die Verhinderung der Moorburgtrasse ist auch eine gute Nachricht für mögliche andere Wärmeproduzenten. Diese hätten bei einer Realisierung gar keine Chance gehabt. Das Wärmenetz wäre quasi von Moorburg aus mit den dort produzierten Riesenmengen “verstopft” worden.
Außerdem werden natürlich die Emissionen durch das jetzt nur noch reduziertere Betreiben erheblich gesenkt – von Co2 bis hin zu den Feinstaub- und Stickoxydbelastungen.
genehmigungsrechtliche Konsequenzen?
Weiteres Ungemach droht Vattenfall auf der juristischen Seite. Schließlich hat Moorburg nur eine Genehmigung als sog. “Kraftwärmekopplungsanlage”. Das sahen jedenfalls auch Vattenfalls eigene Anwälte so. In deren Ausführungen bei der Klageerwiderung beim Prozeß um die vereinfachte Genehmigung der Moorburgtrasse formulierten sie (Zitat):
….Nach der BImSchG-Genehmigung ist das Kraftwerk Moorburg als Kraft-Wärme-Kopplungsanlage genehmigt, sie setzt also die Auskopplung von Wärme und Einspeisung in das Fernwärmenetz voraus. Unter Ziffer 4.1.7 „Effiziente Energienutzung“ heißt es wörtlich:
„Das in Kapitel 12 des Genehmigungsantrags vorgestellte Konzept zur Energienutzung ist umzusetzen. Die eingesetzte Brennstoffmenge, der erzeugte Strom, die abgegebene Fernwärme und die erreichten Wirkungsgrade sind über das jeweilige Betriebsjahr zu bilanzieren. Insbesondere bei Ausbau des Fernwärmenetzes oder Stilllegung von Fernwärmeerzeugungsanlagen ist zu untersuchen, inwieweit die Wärmeauskopplung erhöht werden kann.“
Ohne die Fernwärmetransportleitung könnte diese Wärme nicht genutzt werden, was nicht der immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsgrundlage entsprechen würde…(Zitat ende)
Was macht Vattenfall damit?
Zum einen halten sie das Planfeststellungsverfahren aufrecht und somit verfolgen sie weiterhin zumindest formal die Wärmeproduktion. Zum anderen ist sicherlich auch der Bereich “wirtschaftlichen Notwendigkeiten” für Moorburg beim sog. Netzedeal mitverhandelt worden…im nicht öffentlichen Bereich.
Ebenso denkbar, dass Vattenfall eine dann wesentlich kleinere Wärmetrasse für den Hamburger Süden stattdessen plant. Hier gibt es allerdings gar kein Verteilungsnetz und die sind ganz besonders teuer in schon bebauten Gebieten. Auch ist dort das Abnahmepotential deutlich geringer (bei etwa 10-20% der ursprünglich mal geplanten Menge). Möglicherweise aber dennoch interessant für Vattenfall, hier erneute Tricksereien zu versuchen um zumindest den Status “Wärmelieferant” und damit erneute (wenigstens teilweise) Vorzugsproduktion zu bekommen.
Man kann jedenfalls sehr gespannt drauf sein, was denen so einfällt, bzw. die Politik Vattenfall als Sonderbehandlung gedenkt einzuräumen. Hier ist man einiges ja aus der Vergangenheit “gewohnt…”